Des Öfteren höre ich etwas über den „Werteverfall in der Gesellschaft“. Und ich ahne, bereits vor geraumer Zeit einen Beitrag darüber geschrieben zu haben.
Der Begriff „Werte“ geistert überall herum. Doch von welchen „Werten“ wird denn nun gesprochen, was wird denn da erwartet – vor allem von wem, wenn von „Gesellschaft“ gesprochen wird?
Zu „Werten“ fallen mir spontan ein: Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Freundlichkeit, Ordentlichkeit, Hilfsbereitschaft, Feinfühligkeit, Rücksichtnahme, Achtsamkeit, Verständnis, Empathie, Offenheit, Demut (nicht Unterwürfigkeit), Toleranz, Disziplin, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Mut, Standhaftigkeit, Achtung, Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein, Selbstachtung, Selbstwertgefühl, Selbstliebe, Gerechtigkeit, Rechtschaffenheit, Wahrhaftigkeit, Integrität, Vernunft, Verantwortung, Loyalität und Zuvorkommenheit. Und sicher gibt es noch weitere.
Ich schreibe extra Verantwortung und nicht Verantwortungsbewusstsein, denn das klingt gefühlt wie „vernunftbegabt“.
„Begabt sind sie alle. Doch Begabung alleine reicht nicht aus. Man lese den ersten Artikel der Menschenrechte ganz genau.“
Diese Werte existieren nicht willkürlich nebeneinander, sondern sind miteinander verwoben und ihre Wirksamkeit hängt stets von der eigenen Einstellung ab, welchen Bedeutungsinhalt man ihnen zumisst. Werte, die meines Erachtens durch die Vernunft, dem Kernwirkmechanismus menschlichen Fühlens, Denkens und Handelns wesentlich beeinflusst werden – also dem Sein an sich und damit eine gewagte Aussage.
Entfaltete, also entwickelte Vernunft, ist ein intuitiv getriggerter Prozess zwischen bedingungslosem Geben und Empfangen – und auch eigentlicher Hort der Gerechtigkeit, die wir gewohnt(!) im Außen durch Fremdentscheider (Richter und Vorgesetze jeglicher Art) ersetzt haben.
„Ja, aber die anderen…“
Durch die „gewohnte“ (und fortgeführte) Fremdbestimmung konnte sich die Vernunft im Individuum durch entsprechende Selbsterfahrungen und damit verbundener Entwicklung der Intuition, Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein, Selbstachtung, Selbstwertgefühl (Würde) und Selbstliebe jedoch nicht vollends entfalten. Der Mensch verblieb in der einseitigen „Vernunft“ in mehr oder weniger ausgeprägtem Empfangen, Haben, Besitzen, Sammeln, Bewahren, Sichern, Festhalten und Verteidigen.
„So etwas muss ja dann auch „betreut“ werden. Stimmt’s?“ „Ja, das stimmt’s.“
Man sieht, dass es Sinn macht, an sich zu arbeiten.
Die „Ausblühungen“ der Halbillusion von Vernunft finden wir in der Natur, im gesellschaftlichen Miteinander und im Umgang des Individuums mit sich selbst in einem nicht selten unbewusstem Verhalten (fehlende Achtsamkeit) – durch vordringliche Außenorientierung, durch Projektion, auf der Suche nach noch „Unvernünftigeren“.
„Wir brauchen Wachstum.“
„Ich finde es vernünftig, wenn ich genug Geld auf dem Konto habe.“
„Wir haben uns bereits die dritte EDV gekauft und es funktioniert immer noch nicht.“
„Die einströmenden Flüchtlinge sind die gelebte Antwort jahrzehntlang praktizierter, gesellschaftlicher und betreuter Unvernunft (und Vorteilsnahme) eines nicht nur deutschen „Gutmenschen-Phänomens“.“
„Wenn du schön artig bist, kommst du in den Himmel.“
Die dabei durch Fremdbestimmung erzeugte und beibehaltene, hierarchische Ordnung galt/gilt für die „artige“ Mehrheit, als Erholungszentrum für Behütung und Schutz, in Form eines gesellschaftlichen Komfortsofas, nach der Regel: „Sei ja schön artig.“
Auf der anderen Seite, finden wir die sich selbsterzeugenden oder durch Wahl ernannten Betreuer, mit den Betreuten in kollektiver Illusion einer Opportunwillkür. Dies in Form von auferlegter Belohnung und Bestrafung – weil wir es bisher nicht anders kannten oder kennen wollten. Und genau dieses Szenario geht zu Ende.
Die kollektiv tolerierte Unvernunft und Grundlage des sich konkludent bildenden Betreuungssystems, Wesenzug und gesellschaftlich ungeschriebener Vertrag des alten Systems, verhindert durch die uns bekannten „Denkweisen“ aus den Institutionen: Familie, Kindergarten, Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen, Berufsumfeld, Politik, Finanzwelt, intergesellschaftliche Beziehungen sowie klassische Staatsordnung, dass sich die Mehrheit bisher weitab ab von ihrer eigentlichen Souveränität und Selbstverantwortung bewegt(e) . Man beachte, wie sich die Wirksamkeit dieser Einrichtungen mittlerweile manifestieren.
Deshalb genügte es auch, wenn nur das „Land“ stets „souverän“ oder „frei“ war, gleich einem wundervoll gestalteten Etikett einer Weinflasche, jedoch ohne nennenswerten Inhalt. Der Mensch ohne Würde („wirdi“, Wert) – eine Person (Hülle, Maske) ohne Verantwortung.
Denn was ist ein „Land“, wenn nicht völkerrechtlich nur ein Kunstgebilde. Dabei macht die Sprache und die gemeinsame Kultur eine Gesellschaft aus und nicht eine oktroyierte Rechtsordnung, die sich die Personenbetreuung auf die Fahne geschrieben hat.
Hinweis: Man muss nach BGB niemanden betreuen, wenn die Mehrheit bereits betreut wird. Siehe weggefallene alte Fassung § 6 BGB von 1897.
„Gehe dorthin, wo die Menschen italienisch sprechen.“ Sinngemäß aus „Königreich der Himmel“
„Wir leben in einem freien Land.“
„Wir wollen ein souveränes Deutschland.“
Und mit diesem Satz galoppiert die Mehrheit noch Lichtjahre entfernt von ihrer wahren Souveränität. Es wird auch keine andere geben. Denn die alte Ordnung war ebenfalls geprägt von bedeutungs- und sinnfreien Worthülsen, gemacht und gelebt zum Spott und Verwirrungen der Verwirrten.
Warum verfallen unsere Werte?
Um zur eigentlichen Ausgangsfrage dieser Gedanken zurückzukehren, gilt es sich das Grundprinzip der Matrix (alte Ordnung) vor Augen zu führen: die kollektiv vereinbarte und belohnte Außenorientierung (und damit verbundene Manipulationsfähigkeit) und Erwartungshaltung, andere würden diesen Begriffen zur Bedeutung verhelfen – denn sie wären ja auch dafür verantwortlich – ist eine Illusion.
Da in der Regel die Werteorientierung ebenfalls nach außen gekehrt (verdreht) ist, funktioniert der Irrglaube an jene oben genannten „Werte“, solange es andere „Werte“ gibt, auf die pawlowsch’ konditioniert der Fokus fällt, wenn sie ins Spiel gebracht werden: durch artiges Verhalten und Belohnung.
Und wer genauer hinschaut, wird erkennen, dass wir es oben mit „inneren Werten“ zu tun haben, die wiederum bei jedem selbst zu entwickeln sind. Und solange sind es nur Worthülsen und Gebrabbel – dafür jedoch belohnt, die Finger davon zu lassen.
Die Werte in der jetzigen Gesellschaft verfallen, um den Ausdruck einer Bekannten in ihrer Betrachtung aufzugreifen, weil es an jedem selbst liegt, sie für sich anzunehmen und selbstdiszipliniert mit Leben zu füllen, statt sie gewohnt aus einem „unscharfen“ Begriff „Gesellschaft“ herausziehen oder gar „hineinerwarten“ zu wollen, weil man damit beschäftigt ist, seine „Kohlen“ verdienen zu „müssen“, während die Werte der Gesellschaft verfallen.
Sie verfallen jedoch nicht. Es offenbart sich lediglich ihre Leblosigkeit.
Vielleicht erkennt nun so mancher, was wirklich für ihn selbst auf dem Spiel steht.
An dieser Stelle habe ich gerade den Impuls, dass eine abwartende und auf außenwertlichem Vorteil behaftete Haltung, im Sinne einer späteren, geldlichen Entschädigung, nicht über die verbliebene innere Leere hinwegtrösten wird.
„Menschliche innere Leere, kann mit keiner Materie des Universums gefüllt werden. Das sind die eigentlichen „Schwarzen Löcher“. Der Gestalter, der nur Halblebendiges erschafft.“
Das klingt alles hart und polarisiert. Und das muss es auch. Denn im Hintergrund macht sich bereits leise ein „ja, aber… das gilt ja nicht für alle… und so kann man das nicht sehen…“, auf den Weg.
„Offen gesagt: Das ganze Gerede mit hätte, könnte, würde, wäre, müsste, sollte und Abgewäge ist mir zu schmalzig. Denn manchmal macht es auch Sinn, die Dinge auf den Punkt zu bringen.“